Wer Anteile der Vivono Wohnungsgenossenschaft erwoben hatte, musste mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht nur mit ansehen, wie sich die „Geldanlage“ und für viele auch die damit verbundene Aussicht auf eine günstige Anschlussfinanzierung für ihr Eigenheim in Luft auflöste; nun fordert die Insolvenzverwalterin die meisten Genossenschaftsmitglieder auch noch auf, weitere Einzahlungen vorzunehmen. Auch Freiberg, Chemnitz und das Erzgebirge hat die Welle der Zahlungsaufforderungen bereits erreicht.
Konkret geht es um den noch nicht geleisteten Teil der Zeichnungssumme.
Die Insolvenzverwalterin steht auf dem Standpunkt, dass die ursprünglich vereinbarte Einlage in voller Höhe zu erbringen sei. Die Vereinbarungen, wonach die Einzahlungen in monatlichen Raten erfolgen konnten, seien unwirksam, da § 15 b Abs. 2 des Genossenschaftsgesetzes (GenG) für die Übernahme von Anteilen, die nicht Pflichtanteile sind, bestimme, dass diese nur möglich sei, wenn zuvor alle bereits übernommenen Anteile voll eingezahlt wurden.
Die Insolvenzverwalterin führt zur Untermauerung ihrer Forderung ein Urteil des Landgerichts Hamburg vom 16.10.2020, 322 O 162/20, an.
Die Forderung ist durchaus ernst zu nehmen. Der Versuch, die Sache „auszusitzen“, wird keinen Erfolg haben, sondern nur dazu führen, dass die Insolvenzverwalterin Klage erhebt, wordurch erhebliche weitere Kosten entstehen können.
Es sollte aber auch nicht vorschnell und ohne vorherige fachkundige Beratung gezahlt werden.
Das von der Insolvenzverwalterin zitierte Urteil des Landgerichts Hamburg hat nicht sie erstritten; es betrifft nicht die Vivono Wohnungsgenossenschaft eG, sondern die Geno Wohnbaugenossenschaft eG. Es gibt zwar Parallelen bei den Geschäftsmodellen und Verträgen dieser Genossenschaften, aber auch einige Unterschiede. Selbst die die Vivono Wohnungsgenossenschaft eG betreffenden Verträge waren nicht durchweg deckungsgleich. Außerdem wurden nicht alle Mitglieder auf gleiche Weise über den Stand ihrer Beteiligung infomiert, woraus sich unterschiedliche Beweissituationen und damit Prozessrisiken ergeben können. So haben etwa manche Mitglieder jährliche Abrechnungen erhalten, aus denen hervorgeht, dass sie jeweils nur so viele Anteile hielten wie auch eingezahlt waren. Dies spräche dafür, dass nicht alle Anteile, die das Mitglied laut Vertrag erwerben sollte, schon bei Vertragsschluss übernommen und nachträglich in Raten bezahlt wurden. Dann läge gar kein Fall einer nach § 15 b Abs. 2 GenG unzulässigen Stundung / Ratenzahlungsvereinbarung vor. Anderen Mitgliedern wurden solche Abrechnungen nicht erteilt.
Es bedarf daher stets einer individuellen Prüfung des Einzelfalls, um einschätzen zu können, wie man auf die Forderung der Insolvenzverwalterin reagieren sollte.
Haben auch Sie eine Zahlungsaufforderung der Insolvenzverwalterin, Frau Rechtsanwältin Birgitt Breiter, erhalten und Fragen dazu? Kontaktieren Sie uns!